Filmrollen aufbewahren: So schützt du analoges Filmmaterial richtig

Ob 8mm, 16mm oder 35mm – analoge Filmrollen sind nicht nur Träger bewegter Bilder, sondern auch empfindliche Objekte mit physikalischen und chemischen Eigenheiten. Wer Zelluloid oder Acetatfilm lagert, archiviert oder sammelt, muss bestimmte Bedingungen einhalten, um Schäden, Zerfall und Wertverlust zu vermeiden. Dieser Leitfaden zeigt, wie man Filmrollen fachgerecht aufbewahrt – von der Temperatur bis zur Transportverpackung.

Warum Filmrollen besonders gelagert werden müssen

Analoge Filmträger bestehen aus lichtempfindlichen Schichten auf Trägermaterialien wie Zelluloid, Acetat oder Polyester. Diese reagieren auf Umweltfaktoren wie Feuchtigkeit, Hitze, Luftsauerstoff und Schimmelsporen. Falsche Lagerung führt zu:

  • Schrumpfung und Versprödung
  • Schichtablösung und Essigsäurebildung
  • Schimmelbefall und Geruchsbelastung
  • Verlust von Bildinformation und Tonspur

Professionelle Lagerung verlängert die Lebensdauer um Jahrzehnte – und schützt kulturelle Werte.

Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Belüftung

Die wichtigsten Parameter für stabile Lagerbedingungen:

Faktor

Idealwert

Temperatur

5–10 °C (Nitrat & Acetat), bis 20 °C (Polyester)

Luftfeuchtigkeit

30–45 % rel. Luftfeuchte

Luftbewegung

konstante, leichte Umluft (ohne Zugluft)

UV-Licht

vollständig vermeiden

Je kühler und trockener, desto besser. In professionellen Archiven wird sogar bei -5 °C gelagert, um Alterung zu verlangsamen. Für Privatsammler genügt ein kühler Raum mit stabilen Werten.

Geeignete Lagerbehälter für Zelluloid

Verwende:

  • Archivdosen aus Polypropylen (PP) mit Lüftungsschlitzen
  • Metallboxen mit korrosionsfester Beschichtung (z. B. für Nitrat)
  • Wickelkerne aus säurefreiem Kunststoff oder Inertmaterial
  • Keine luftdicht verschlossenen Plastikbehälter!

Wichtig: Rollen niemals direkt auf Pappe, Holz oder Weichplastik lagern – chemische Reaktionen sind möglich. Auch Gummibänder und Klebebänder sind tabu.

Gefahren durch Essigsäure und Schimmel

Acetatfilm kann vom sogenannten Essigsäure-Syndrom betroffen sein:

  • stechender Geruch nach Essig
  • Schrumpfung und Ablösung der Emulsion
  • wellige, klebrige Oberfläche

Maßnahmen:

  • Sofort getrennt von anderen Rollen lagern
  • luftdurchlässige Quarantänebox verwenden
  • Umgebung kontrollieren (auch andere Rollen sind gefährdet)

Schimmel tritt bei >60 % Luftfeuchtigkeit auf. Typisch sind weiße oder graue Fäden, feuchter Geruch und Fleckenbildung. Nicht trocken abwischen! Fachgerechte Reinigung erforderlich.

Erste Hilfe bei beschädigtem Material

  • Rolle nicht sofort abwickeln – erst akklimatisieren
  • Bei klebender Oberfläche: isoliert lagern, nicht versuchen zu reinigen
  • Geruchsbildung dokumentieren
  • Vermerk mit Datum & Zustand anbringen
  • Bei starker Schrumpfung oder Rissbildung: nicht mehr projizieren

Wenn nötig: Kontakt zu Restaurator:innen oder Filmarchiven aufnehmen. Eingriffe in Eigenregie nur bei Erfahrung.

Kennzeichnung und Dokumentation

Für die Langzeitarchivierung ist die eindeutige Identifikation entscheidend:

  • Filmtyp (8mm, 16mm, 35mm, Format)
  • Titel, Jahr, Länge, Sprache, Tonart
  • Materialtyp (Acetat, Polyester, Nitrat?)
  • Zustandsbewertung (z. B. „gut“, „Essiggeruch“, „fragil“)
  • Inventarnummer, Herkunft, ggf. Rechtevermerk

Dokumentation kann digital (z. B. Excel, Airtable) oder in Archivinventaren erfolgen. Bei vielen Rollen empfiehlt sich Barcode-Systematik.

Sicherer Transport alter Filmrollen

Beim Transport gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen:

  • Rollen in Stoßschutzboxen oder Gurtkartons lagern
  • Fixierung mit Schaumstoffringen oder Abstandshaltern
  • Temperaturtoleranz beachten (nicht im Sommer im Auto lassen!)
  • Kennzeichnung als empfindliches Material
  • Bei Nitratfilm: Nur mit Sondergenehmigung, Versandbeschränkung beachten!

Für wertvolle Rollen empfiehlt sich klimatisierter Transport mit Archivdienstleistern.

Langzeitarchivierung – was beachten?

Langfristige Sicherung setzt voraus:

  • Regelmäßige Kontrolle (Geruchstest, Schrumpfmaß)
  • Ergänzende Digitalisierung zur inhaltlichen Sicherung
  • Vermeidung chemischer Kontamination durch andere Materialien
  • Lagerung auf neutralen Wickelkernen, gleichmäßige Spannung
  • Vermeidung von starkem Umspulen oder Rückspulen ohne Not

Professionelle Filmarchive führen Messreihen durch – Sammler können mit visuellem Check und Dokumentation gut starten.

Lagerung in Sammlung vs. Ausstellung

  • In Sammlungen: Dunkel, stabil temperiert, nicht zugänglich für Besucher
  • In Ausstellungen: Nur in klimatisierten Vitrinen mit UV-Filter
  • Filmstreifen in Rahmung: nur mit Duplikaten oder defekten Fragmenten
  • Wechselausstellungen: Dauerhafte Präsentation meiden, sonst droht Verblassen

Originalrollen sollten nie direkter Lichtquelle ausgesetzt sein.

Checkliste für Filmlagerung

  • Temperatur stabil unter 20 °C
  • Luftfeuchtigkeit unter 45 %
  • Film in archivgeeigneter Dose (PP oder Metall)
  • Kein direkter Lichteinfall, keine Hitzequelle
  • Auf säurefreiem Wickelkern gelagert
  • Regelmäßige Geruchs- und Zustandskontrolle
  • Inventarisierung abgeschlossen
  • Lagerung getrennt nach Zustand / Filmtyp
  • Kein Zugriff durch Laien ohne Einweisung

Quellen:

FIAF – Preservation and Storage of Film Materials
Bundesarchiv-Filmarchiv: Technische Merkblätter
Kodak Motion Picture Technical Data
Österreichisches Filmmuseum – Depotrichtlinien
Filmarchiv Austria: Handbuch Bestandserhaltung analoger Medien

 

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