Stars im Kleinformat: Die Geschichte der Hollywood-Lobby Cards

Ob Humphrey Bogart im verrauchten Noir-Bild oder Audrey Hepburn in ikonischer Pose – Hollywood-Lobby Cards hielten über Jahrzehnte die Magie des Kinos im Format 11×14 Zoll fest. Ursprünglich als Werbemittel für Kinos gedacht, entwickelten sie sich schnell zu Sammlerstücken mit künstlerischem Anspruch und hohem Wiedererkennungswert. Ihre Geschichte ist untrennbar mit den großen Studios, den Stars und der visuellen Kultur des amerikanischen Kinos verbunden.

Entstehungsgeschichte der Lobby Cards

Die ersten Lobby Cards tauchten in den USA in den 1910er-Jahren auf. Als Ergänzung zu Plakaten und Programmzetteln dienten sie der gezielten Bewerbung von Kinofilmen direkt im Foyer. Bereits in den 1920er-Jahren waren sie fester Bestandteil der Werbepakete der großen Studios. Besonders während der goldenen Ära Hollywoods – von den 1930ern bis in die 1960er – erlebten sie ihren Höhepunkt.

Hollywood in Bildern: Werbemittel mit Wirkung

Lobby Cards sollten Neugier wecken, Emotionen vermitteln und den Besuchern einen visuellen Vorgeschmack auf das Kinoerlebnis bieten. In der Regel wurden Sets mit acht Karten produziert, die unterschiedliche Schlüsselszenen zeigten – von dramatischen Momenten bis hin zu romantischen Begegnungen. Sie wurden prominent in Schaukästen oder Auslagen präsentiert und prägten das visuelle Gedächtnis vieler Filmklassiker.

Stars als Verkaufshilfe

Stars waren zentrale Elemente auf den Lobby Cards. Ob Close-Ups, dynamische Duos oder ikonische Blicke in die Kamera – die Inszenierung der Schauspieler:innen war oft wichtiger als die Filmszene selbst. Besonders populär waren Karten mit Marilyn Monroe, James Dean, Elizabeth Taylor oder Cary Grant, da sie als sofort wiedererkennbare Gesichter den Verkaufserfolg mittrugen. Ihre Präsenz auf einer Karte erhöht noch heute deren Sammlerwert erheblich.

Einfluss großer Studios

Studios wie MGM, Warner Bros., Paramount oder Universal setzten Lobby Cards strategisch ein. Sie verfügten über eigene Designabteilungen, die Typografie, Farbschema und Layout an das Image des Films anpassten. Dabei entwickelten sich typische Stilrichtungen: MGM etwa bevorzugte edle, goldene Rahmen und pastellige Farben, während Warner Bros. oft auf Kontraste und Actionelemente setzte.

Gestaltungsmerkmale im Wandel

Anfangs waren Lobby Cards monochrom oder handkoloriert. In den 1930ern setzte sich der Vierfarbdruck durch, später entstanden aufwendige Lithografien. Merkmale wie Titelbalken, Studio-Logo, Szenennummer (z. B. "Card 3 of 8") und Werbeslogans gehörten bald zur Standardgestaltung. In den 1960er-Jahren wich die klassische Komposition zunehmend einem fotografisch-dokumentarischen Stil – bis die Produktion von Lobby Cards in den USA in den 1980ern weitgehend eingestellt wurde.

Promofotos vs. Filmszenen

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal innerhalb der Karten war die Herkunft der Motive:

  • Filmszenen zeigten tatsächlich im Film enthaltene Sequenzen.
  • Promofotos waren gestellte Aufnahmen, die ausschließlich für Werbezwecke produziert wurden.

Manche Sets kombinierten beide Typen. Während Filmszenen authentischer wirken, sind Promofotos oft ikonischer inszeniert – besonders für Porträts und Titelseiten.

Besondere Serien und Ausgaben

Hollywood produzierte auch Sonderserien:

  • Deluxe Sets mit 12 oder mehr Karten
  • Jubiläumsausgaben zu Filmklassikern oder Neuveröffentlichungen
  • International Editions mit landesspezifischen Anpassungen
  • Reissue Sets bei Wiederaufführungen in den 1950ern und 60ern

Einige Serien wie die Universal Horror Lobby Cards (Dracula, Frankenstein) oder Disney-Produktionen gelten heute als besonders sammelwürdig.

Internationale Unterschiede im Stil

Während die USA das 11×14-Zoll-Format standardisierten, wichen andere Länder ab:

  • Großbritannien: ähnliche Größen, aber oft matter Druck
  • Deutschland: kleinere Aushangfotos, meist im DIN-A4-Format
  • Frankreich: künstlerischere Gestaltung, teilweise mit Illustrationen
  • Japan: detailreiche „chirashi“-Poster im Kleinformat mit eigenem Design

Diese Varianten folgten nicht nur technischen Standards, sondern auch kulturellen Sehgewohnheiten.

Lobby Cards als Merchandising-Instrument

Mit dem Aufstieg des Filmmerchandising wurden Lobby Cards zunehmend auch für den Verkauf produziert. Besonders in den 1970ern entstanden Serien zu Star Wars, Jaws oder Rocky, die gezielt auf den privaten Sammlermarkt ausgerichtet waren. Sie wurden in Comicläden, Buchhandlungen oder über Versandhandel verkauft – oft in kleineren Formaten und auf dünnerem Karton.

Wertentwicklung ikonischer Motive

Original-Lobby Cards zu Klassikern wie Casablanca, Gone with the Wind oder The Wizard of Oz erzielen heute teils vierstellige Beträge – vor allem in vollständigen Sets oder mit besonders ikonischen Szenen. Der Wert bemisst sich nach:

  • Filmstatus und Nachfrage
  • Zustand (farbintakt, unbeschnitten, ohne Klebespuren)
  • Motiv (Starporträt, Actionszene, Schlüsselmoment)
  • Seltenheit (Premierenkarten, Reissue-Variante, Festivalkarte)
  • Provenienz (z. B. aus Kinoarchiven, mit Rückseitenstempel)

Besonders gefragt sind Lobby Cards mit Kinostempel, Seriennummern oder Werbetext auf der Rückseite.

Quellen:

Heritage Auctions – Archiv „Vintage Movie Lobby Cards“
Deutsche Kinemathek – Sammlung US-Kinowerbematerial
Filmarchiv Austria – Bestände Lobby Cards & Aushangmaterialien
CineGraph Hamburg – Dossier „Hollywoods Bilder“
Privatsammlungen und Auktionskataloge 2000–2024

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